Nach Plätzchen und Geschenken aus der Küche ist mein Backjahr meistens beendet. Die Feiertage verbringe ich in der Regel in den Haushalten anderer Leute. Und wenn ich dort selbst tätig zu werden habe, dann will normalerweise keiner Kuchen von mir.
Nun sprach das alte Väterchen aber in diesem Jahr zu mir, nachdem es ein paar Tortenbilder gesehen hatte: „Vielleicht machst du mir ja mal eine Schwarzwälder-Kirsch-Torte. Das ist nämlich meine Lieblingstorte!“
Ich musste selbst einige Jahrzehnte alt werden, um zu erfahren, dass das Väterchen überhaupt eine Lieblingstorte hat. Und dass es Schwarzwälder-Kirsch ist – ich wäre im Leben nicht drauf gekommen.
Da das alte Väterchen nun aber schon einmal den Wunsch geäußert hatte und zudem unterm Jahr oft genug von seinem Töchterchen geschimpft wird, wollte ich ihm zum Ausgleich und seinem unglücklichen Geburtstag einen Tag vor Heilig Abend den Gefallen tun:
Dabei habe ich erstmals das Prinzip des mobilen Tortenbauens ausprobiert: Mit zwei fertig gebackenen Schoko-Biskuitböden, einem dunklen, dünnen Mürbteigboden, fertig gekochter Kirschfüllung sowie einem Liter Sahne, Schokostreuseln und diversem Handwerkszeug im Gepäck, habe ich die Heimreise angetreten. Vier Stunden und 350 Kilometer später konnten die einzelnen Module dann zusammengesetzt werden.
Was soll ich sagen? Das Väterchen war hingerissen, die Geburtstagsgäste beeindruckt (Bis auf M., die mir doch glatt ein entrüstetes „Die hast du aber gekauft und aufgetaut, oder?“ entgegenschleuderte und von mir ein ebenso entrüstetes „Sag ma…!?“ zurückbekam.) und ich selbst sehr angetan von meinem wirklich luftigen Biskuitboden. Und das, obwohl ich nicht ein einziges der Oetker-Produkte verwendet habe, die das Rezept vorschlägt. Auch das ganze Gedöns mit der Sahne und der Gelatine habe ich mir gespart – eine ordentliche Ladung Sahnesteif tat mehr als ihren Dienst.
Am Ende hat es sich das Väterchen nicht nehmen lassen, die übrigen zwei Stücke an den Feiertagen zum Frühstück zu vernaschen. Und das, obwohl es normalerweise nur Knäckebrot frühstückt und auch sonst schon mit sparsamen Seniorenportionen seine liebe Not hat. Ich werte das auch als Zeichen, dass es mir meine gelegentliche Bösartigkeit verzeiht. Zur Sichheit habe ich mir zwar trotzdem den päpstlichen Weihnachtssegen abgeholt – ich gehe aber davon aus, dass ich unterm Jahr nun auch gelegentlich mit einer Torte Ablass erhalten kann.
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